Freitag, 2. Oktober 2015

Eintrag O1 - Shio says

Alle Reiseführer sind sich einig, dass der Oktober eine "exzellente Reisezeit" für Japan ist. Und ich darf hier sein, von Anfang bis Ende!
Gut so, denn erste Tage voll: Kursanmeldung endet in Torschlusspanik. Und bevor gesunder Menschenverstand eingreifen kann, bin ich auch für muss-nicht-sein-Kurse registriert. Zu viele. Muss irgendetwas abwählen, um auch mal vor 21h den Campus verlassen und Interessantes berichten zu können. Kurs zu japanischen Filmen definitiv nicht gewählt. Keine Reue nach Facebook News-Post.



Ich gehe wieder zum Shio-Kurs, für den ich mittlerweile praktisch verpflichtet da bereits für Präsentation eingetragen bin. Workload scheint nicht zu hoch zu sein, darunter Präsentation. Präsentationsstil dabei unwichtig, allein Informationsdichte sei relevant. Jedenfalls widerspricht sich Prof damit nicht selbst, denn diese Priorisierung trifft voll auf seine 90-Minuten "textbook says"-Vorlesung zu, die schlicht alle alle alle Graphen und Absätze des vorgestellten Kapitels umfasst, ohne Abweichungen. Flexibilität keine Forte des japanischen Systems. Als mehr als geplante 20 Studenten im Kurs sind, wird Präsentationsplan nicht umgestellt oder Gruppen vergrößert. Nein, das wäre laut Prof ein "Desaster" und die überschüssigen Studenten schreiben stattdessen einen Aufsatz.


Im Kurs zur Kommunikation in verschieden Kulturen sollen wir Homework-Kapitel ("die zwei Arten von Diskussionsfragen", "die vier Aufgaben des Diskussionsleiters" etc.) diskutieren. Leider glaube ich, dass ich fehl im Kurs bin. Sehe wenig Wert und Effizienz darin, die in der Literatur aufgestellten Theorien in der Gruppe zu wiederholen, wenn diese Theorien wenig bis gar nicht kontrovers. Und sich dann als Musterstudent zu melden und vollkommen Offensichtliches mit ernster Miene zu zitieren. Vllt entwickle ich noch Wertschätzung.


Im Kurs zu moderner japanischer Kunst werfen wir einen Blick auf die Epochen. Bis zur Meiji Zeit (1868-1912) war Kunst in Japan kein Gut. Dann soll Japan aber als zivilisiertes, ein dem Westen in nichts nachstehendes, Land wahrgenommen werden. Neben der ersten Verfassung (1889) - so ist man überzeugt - gehört dazu eine Landeskunst. Ein moderner Staat müsse von kultureller Verwurzelung zehren, sei diese auch künstlich erzeugt. Frankreich und andere sich neu erfindende Staaten machen es nicht anders: Schulen, in denen alle Kinder die gleiche Sprache lernen, nationale Feiertage und Ikonen-Monumente für die nationale Ziel-Identität, und eben Museen. In Japan sogar von englischem Architekten gebaut (Backsteinbau bewährt sich aber nicht in Erdbebenregion). Frage ist, was man darin ausstellen will. Wahl fällt auf religiöse Objekte, die nie zu ästhetischen Zwecken geschaffen wurden. Und so ändert sich ihre Rolle.





Im Kunst Workshop geht es immer noch ums Selbstportrait, shoot me.


Zwei kurzweilige Sprachkurse am Freitag. Und Vorlesung zur Globalisierung Japans. Internationale Investitionen beeinflusst von Bubbles und Booms, Deflation, Währungskurs, demographischer Entwicklung. Keine nennenswerte Einwanderung, aber man arbeitet an führerlosen Zügen und Roboter-Assistenten (Senioren pflegen, kostümiert Obst verkaufen).



Ich mache viele Bekanntschaften, Kolumbien, Iran, Aserbaidschan. In Hong Kong gehört tägliche "Tea Time" zur Kindergartenroutine. Und am Getränkeautomaten ist Marke zu erwerben, für die ich wenig Chancen auf internationalen Durchbruch sehe.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen