Freitag, 9. Oktober 2015

Eintrag O5 - Gaining Perspective

Es ist Freitagabend und ich esse Mini Oreos, in Nike Laufhosen, die längst zweckentfremdet wurden. Die letzten Tage voller Kurse. Und später Heimwege. Und Erkenntnisse um Nichtwissen.


Am Mittwoch im Garten-Kurs über Perspektiven gelernt. Symbolische Perspektive (Größe nach Status, Ägypten Style), isometrische (Mittelalter, alles gleiche Größe), lineare (Fluchtpunkt, da Vinci, Potemkin Treppen, Gärten Versailles und Vaux le Vicomte, Hans Holbein der Jüngere - das gestreckte Objekt ist ein Schädel), planar (Schichten schaffen Tiefe, Mona Lisa, Hōkusai Gemälde, japanische Gärten sehen deswegen von allen Standpunkten harmonisch - nicht wie Versailles nur von einem Punkt schön - aus und wirken größer auf begrenztem Raum). Garten vereint Yin und Yang, die mit Wechsel Sonnenstand ineinander übergehen.








Kolonialisierung und Literatur. Viele Studenten, wir sollen trotzdem einander vorstellen. Missverständnis mit meinem japanischen Nachbarn, der dem Kurs erzählt, ich würde gerne malen. Worauf Professorin ausruft, ich solle einmal Bilder mitbringen. Ich glaube, mein entsetzter Gesichtsausdruck war Antwort genug. Wir diskutieren Orwell (eigentlich Eric Arthur Blair) Story. Machtstrukturen sind dynamisch, reagieren aufeinander, keine überwiegt. Kolonialmächte als Leviathan Monster.



Am Donnerstag Shio Kurs. Der Prof findet alle Präsis ausgezeichnet. Slides sind wie seine strikter Buchtext, so soll es also sein. Im Kunstkurs den Wandel von Edo zu Meiji thematisiert. Japan will im Westen Ruf als Land der feinen Künste etablieren. Tool hierfür sind Weltausstellungen (Tor zur Welt, kolonialisierte asiatische Länder dürfen sich nicht selbst vertreten, Besatzungsmächte bringen sogar Einwohner als Exponate mit, rassistische Seite). Beraten von europäische Experten werden Ausstellungen vorbereitet: leicht Verdauliches: Blumen, Tiere, hübsche Möbel als exotische Wohnungsdeko kommen gut an. Bloß Buddhismus vermeiden, würde überfordern. Ist erfolgreich, sogar westliche Künstler (van Gogh, Whistler) bauen japanische Elemente - bzw. was sie dafür halten - in ihre Arbeiten ein. In den 1920er Jahren bauen europäische Kunstprofessoren Beziehungen zum Westen auf (und einer stellt sich einen Buddha in die Wohnung - "was soll das denn?!"). Bei Künstlern wie Hōgai werden Motive westlicher (Frauen mal ohne Bart).









Dann noch Kurs zu Kultur und Kommunikation. Was ist Privatsphäre in Japan? Land der Papierwände und Onsens. Da helfen nur Amae und Enryo, die so-tun-als-ob-man-nichts-gehört-hat-Regel. Gruppenkultur und Buddhismus sehen auch keine exklusive Ich-Zeit vor. Und von individuellem Widerrstand wurde in japanischer Geschichte nie Gebrauch gemacht. Weitere Konzepte: Hedataru und Najimu (Aufbau und Vertiefung eines Kontakts erfolgt nach Etappen: Hauseinladung, Austausch von Geschenken, zusammen sein), Honne und Tatamae (ehrliche vs. höfliche Sprache, diese voller versteckter Hinweise auf eigentliche Bedeutung, oft missverständlich für Ausländer), Uchi und Soto (immer wird in Japan zwischen Außenseitern und Dazugehörigen unterschieden. Je nach Situation fühlt man sich besonders mit Familie, Kommolitonen, Vereinsmitgliedern verbunden. Behinderte, sehr arme Menschen oder Migranten können Soto-Status kaum entkommen und leben isoliert in Yoseba Communities).


Beschluss, Art Workshop zu droppen. Zu langer Tag. Zu wenig Talent.

Freitags die zwei Sprachkurse (mit Test) und den zur Globalisierung Japans. Es geht um Foreign Direct Investment, das TPP, UNCTAD, Internationalisierung (one-way) vs. Globalisierung, inbound Investment GPP share (in Japan nur 0,2%, UK mehr als 14%). Suntory hat Jim Beam gekauft, also M&A, weil Japan gesättigt (bzw. Äquivalent für Durst, Duden hat 1996 einen Wettbewerb dazu aufgerufen, "sitt" hat gewonnen und es hat keinen interessiert).



Pause zwischen Kursen auf Uni-Terrasse unter Himmel Tokyos. Es ist noch warm, T-Shirt geht und Röcke eh.


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