Freitag, 30. Oktober 2015

Eintrag O17 - Restrictions

Dieser Eintrag entsteht rückblicked. Weit. Weil ich beschäftigt war und müde. Vor allem müde. Gar nicht so beschäftigt eigentlich? Oh je. Weiteren Einkäufen und leichtsinnigen, verträumten Ausgaben den Kampf angesagt, da Monatsende - und eh, wie soll ich das alles je wieder im Koffer verstauen? Tage also mit Mensa-Lunches, 7/11 Sandwiches und ohne Kaufhausbummel.



Im Shio Kurs nicht viel mitbekommen. Kommilitonen halten Einzelreferate zu einem Kapitel und der Prof passt auf, dass kein Lehrbuchsatz vergessen wird. Irgendwann werde ich dran sein, im Dezember? Besser aufpassen. Immer die gleichen Worte. Subunits, tasks, functions, managerial cost, transaction and information cost, technology, dynamic or stable business environment.


Im Kunstkurs geht es weiterhin um westliche Einflüsse auf japanische Künstler. Kanzan und Taikan verbinden asiatische Zeichentradition mit westlichen Techniken: dreidimensional, koloriert statt fein gezeichnet, fast abstrakt sogar.




Sowieso herrschte Ambivalenz in Japan. Der Kaiser beauftragte zwei offizielle Portraits. Eines zeigt ihn im Kimono, das andere als westlichen Monarchen ("ideolized", ist ein Gemälde eines Fotos eines Gemäldes oder so). 



Diese Orientierung war entscheidend für Japan. Bürger begannen auch, sich westlich zu kleiden. Belächelt oder schlimmer von einheimischen und ausländischen Journalisten.


Nächstes Thema Body and the Nude! Nackte und mehr Nackte blicken uns von Projektionsfläche an. Professorin geht soweit, den Künstlern vorzuwerfen, sie hätten die Kunst nur als Vorwand benutzt, um sich - nun ja - in die Gesellschaft nackter Frauen zu begeben. Japanische Künstler nicht unbeteiligt, denn einige  (darunter Kuroda Seiki) um die Jahrhundertwende zur Ausbildung in Paris Paris. Eine französische Frau zu malen galt als Siegel für Angekommensein, denn bedarf Intimität (auch wenn angezogen). Was die Japaner von den Werken ihrer fernen Landsleute halten? Sehr konfus. Was soll man damit anfangen? Was hat das mit hoher Kultur zu tun? Und warum liegen die Frauen im Gras?




Als Kritik setzt Manet Männer neben die Nackte ins Gras. Pariser Kunstszene = Pseudo-Bohème-chauvinistischer-Männerclub?


Zum Abschluss gehen wir in die Old Library auf dem Campus. Sie ist seit jeher für die Öffentlichekit zugänglich. Keine Bücher mehr hier. Ein Versammlungsraum, ein Fenster à La Tiffany, unten alte Boote.


Restriktionen Thema im Kommunikationskurs. Weil japanische Kultur voller Regeln und Reserviertheit. Der 'Dō-Spirit': Gesten werden tausendfach wiederholt, bis Perfektion erreicht. Jetzt kann man dem Dō viele Silben hervorstellen und landet bei unterschiedlichen Künsten: Judo ("the soft way"), Sado (Teezeremonie), Shodo (Kalligraphie), gar Bushido ("the way of the warrior", fyi). Wird dann zum Problem, wenn vom Standard abgewichen werden muss, oder Flexibilität gut täte. Erzieht nicht zu Kreativität oder Initiative, wenn mal kein how-to-proceed-Regelwerk vorliegt. Rotier-Mechanismus von Unternehmen wirkt dem entgegen.
Zudem Aisatsu-Prinzip, das äußerste Höflichkeit und gute Manieren als Charakteristika für Japaneseness hervorhebt. Der Autor verknüpft Höflichkeit mit Bürokratie und Nationalismus; denn das Paradoxe ist die Nichtexistenz einer "civil society" bei so viel "civility" im Land. Eine Zivilgesellschaft, die ihre Anliegen im öffentlichen Raum kundtut, gibt es nicht. Die Etikette als Puffer verleiht den Bürokraten Macht und stärkt eine Kultur der Rationalität und Rituale. Aber vereinfacht auch das harmonische Miteinander.
Für Angestellte gibt es spezielle Kurse, die keigo - den höflichen Sprachstil - vertiefen. Wer sich auf keinen Job lebenslang festlegt, wird als furitaa (freelance worker) bezeichnet, Begriff ist negativ besetzt.
In der Diskussion sprechen wir Begrüßungsriten in verschiedenen Ländern an. Ein Japaner war zum Austausch in Spanien. Das muss seltsam für ihn gewesen sein, die vielen Küsschen, kommentiert Prof. "I enjoyed it a lot," lächelt Japaner. Hier umarmen die Eltern nicht einmal ihre Kinder.





Freitag relativ ereignislos mit Sprachkursen und -test. Wir lernen, von Spaziergängen nach irgendwo zu erzählen. Alleine, zusammen, mit Freunden.

Mittwoch, 28. Oktober 2015

Eintrag O16 - Hara-ween

Am Dienstag hält im Science/Tech/Culture-Kurs eine Gruppe Vortrag zum Thema Food. Nicht näher definiert. Die Franzosen erzählen von Wein- und Buttersoßen und Gänseleber. In Japan kein Fett. Würzung wichtiger. Umami Geschmack wird angesprochen. Dashi Soße muss heute nicht mehr selbst zubereitet werden, gibt es abgepackt.



Im Marketingkurs müssen wir unseren Vorschlag für Nintendo vorstellen. Präsi sah bis dahin vollständiger aus. War ok, Etappe 'Kommunikation' hätte eher kommen müssen laut Prof. Ruhig sofort mit Vorhaben der Besserung an die Presse, selbst wenn man jahrelang Problem ignoriert hat.



Nächster Auftrag ist Beschäftigung mit TPP, Vertrag zum zollfreien Warenhandel zwischen Ländern des Pazifiks. Außer China. China gehört zu den potentiellen Verlierern, mit denen sich meine Gruppe auseinandersetzt. Auch Künstler und Fabrikanten (--> Trademark Protection), schon jetzt Billiglöhner, die Umwelt und viele mehr könnten unter Vertrag leiden. Nicht zuletzt japanische Reisbauern, die bisher von der Politik 'beschützt' wurden. Könnte aber im Endeffekt zu better-off japanischen Konsumenten und fairere Märkten beitragen.



Habe eine TPP-Karikatur gesucht. Scheint aber nicht Hot Topic unter Karikaturisten zu sein. Also ist hier eine andere (kein, gar kein Zusammenhang).


Dinner mit D nahe Hiyoshi Station bei Hobbit-Musik und Tapas. Vor dem Bus hat sich eine Schlange gebildet.




Der Herbst kommt immer mehr zum Vorschein. Am Mittwoch esse ich Udon mit Gemüse-Tempura. So einfach: Wasser, Kräuter, Nudeln, Tempura. Und eine Crème Brûlée zum Nachtisch. Ein Europäer braucht wie gesagt Fett.



Im Gartenkurs erfahren wir, dass Gärten unbedingt durchs Fenster betrachtet werden müssen, so erhalten sie Rahmen wie ein Kunstwerk.
Wir lassen wir Heian-Aristokratie hinter uns. Denn ihnen ist das Geld ausgegangen und andere Probleme. Die Samurai (=Diener), niedrige Adlige, die bisher die Ländereien der isolierten Herrscher verwalteten, übernehmen Macht. Kamakura Ära bricht an. Mit ihnen breitet sich der Buddhismus aus. Prof erzählt über Ursprünge des Buddhismus (Siddhartha Gautama). Wir könnten aber auch einfach selbst den Keanu Reeves Film gucken. 





Jedenfalls ist ein Buddha eine Person, die Erleuchtung erreicht, sich von Begierden losgelöst und die Welt verlassen hat, Nirvana. Zu ihm zu beten ergibt keine Sinn, man würde nicht gehört. Anders steht es um Bodhisatava, auch erleuchtet, hat Welt aber nicht verlassen, wird irgendwann auftauchen und lehren (Maitreya). Das Samsar Rad stellt die sechs Lebensarten dar. Das Teufelchen ist die Zeit. Man kann auch als Gott leben. Ist aber gar nicht so toll, denn auch als solcher stirbt man und hat bis dahin kein offenes Ohr für Lehren des Buddhismus (weil keine Sorgen etc.). Wir hingegen, sind in der 'glücklichen' Position, als Mensch auf der Erde geboren zu sein. Etwas leidenvolleres gibt es nämlich gar nicht! Yay us! So sind wir sehr empfänglich für Buddhismus und dürfen auf Erleuchtung hoffen.


Problem ist aber, dass Erde mittlerweile gar zu korrupt ist. Der ursprüngliche Buddhismus kommt da nicht gegen an. Zwei neue Lehren sollen Problem lösen, Erleuchtung doch nich ermöglichen.
Einerseits der Pure Lands Buddhismus. Demnach leben (manche?) Buddhas in Parallelwelt, einer Mittelwelt zwischen unserer Erde und dem Nirvana. Dort keine Hindernisse. Deswegen in den Pure Lands Gärten auch keine Berge (z.B. Motsuji Garten. Ähnlich Motsuji Garten, auch auf 10 Yen Münze!). Um die Buddhas zu treffen und von ihnen direkt lernen zu dürfen, gibt es verschiedene Wege. Den Berg Sumeru (deswegen die merkwürdigen Türme vor Tempeln) kann man besteigen. Der Buddha Amida Dharmakara verspricht eine Begegnung ohne Wanderung. Allein zehn Gedanken muss man ihm in seiner Lebenszeit widmen. Wie wär's mit jetzt, sofort, so auf Nummer Sicher.




Andere Form ist Zen Buddhismus, also viel Meditation. Begann im Shaolin Tempel, bekannt für Kampfkunst. Sage sagt, Mönch Bodhidharma habe sieben Jahre gesessen, dann seien ihm Hände und Arme abgefallen. Als Souvenir kann man ihn heute kaufen --> Dharmakara Doll!! Ohne Augen. Das erste malt man an, wenn man sich auf einen Wunsch festlegt. Zweites darf bei Erfüllung des Wunsches hinzugefügt werden.



Zurück in die sehr materielle Welt. Harajuku. Etwas Verkleidungs-mäßiges finden. 




In den Nebebstraßen macht es Spaß, die bunten Auslagen durchzugehen. Kleine Blusen und bunte Ketten. Fellmäntel und Fellschuhe.








Im H&M (Schock Euro-Mode!) kaufe ich weißes T-Shirt. Ärmel und Kragen müssen ab. Mit Farben aus dem 100 Yen Store verwandle ich es in ein Vampir-würdiges Modell (mehr oder weniger). Harajuku Kleid drüber und Aufbruch zur Party in einem anderen Wohnheim.